Die Geschichte zu "KÜSS MICH"

19.03.2021   Kay Lutter

In Extremo - Küss Mich (20 Jahre Loreley Jubiläums Konzert)

In Zeiten, in denen man immer wieder Konzerte verschieben muss und man sehnsüchtig auf ein kleines Licht am Ende des Tunnels wartet, bleibt zumindest die Zeit für alte Geschichten. Und da unser Jubiläum erneut in den Sternen steht, haben wir für euch ein paar Mitschnitte von unserem 20. Geburtstag hervorgekramt, die wir euch hier präsentieren wollen. Die Stücke haben wir einen Tag vor den eigentlichen Konzerten im September 2015 als Akustikprogramm auf einem Rheindampfer aufgenommen, der unterhalb der Loreley vor Anker lag.

KÜSS MICH: Die CD „7“ aus dem Jahr 2003 gehört immer noch zu meinen Lieblingsplatten. Wir haben geschrieben, wie es uns gerade auf der Seele lag, ohne Konzept, ohne Hintergedanken und so findet sich hier eine bunte Mischung von melancholischen und teilweise recht sperrigen Songs wieder, die sich manchmal vielleicht erst beim zweiten Hören erschließen.
Und zwischendurch, völlig unverhofft, folgt KÜSS MICH, eines der kommerziellsten Stücke, welches wir je geschrieben haben.

Ich kann mich noch an die lebhaften Diskussionen erinnern, ob es dieses Stück überhaupt jemals ins Live-Programm schafft. Und nun, 20 Jahre später, ist es eines der erfolgreichsten Lieder der Bandgeschichte. Doch das Beste an der Nummer ist unser Video dazu. Jeder Einwohner von Berlin-Prenzlauer Berg – man mag es heute kaum glauben, aber bis zur Wende war dort die Subkultur und Boheme Ostberlins zu Hause – kannte die Keibelstraße, die berüchtigte Untersuchungshaftanstalt unweit des Alexanderplatzes. Wie viele Künstler, Nachtschwärmer, Andersdenkende und Trunkenbolde haben dort Nächte verbracht, Karrieren beendet oder – schlimmstenfalls – auch Karrieren begonnen.

Und nun standen wir auf dem kleinen, zubetonierten Hinterhof in Sträflingskleidung und der eine oder andere erinnerte sich mit bangem Gefühl an seinen letzten Besuch dort noch vor der Wende. Nun stand ein Cateringwagen mit Kaffee und Bier auf dem Gefängnishof, eine hübsche Wärterin (hier haben wir aus guten Gründen auf die historische Richtigkeit verzichtet) und ein paar Wärter, die sich als Komparsen für wenig Geld verdingten, aber sichtlich Spaß an der Sache hatten. Die Lieblingsszene der Band war auf jeden Fall die Stelle, an der Micha auf Knien den Kachelboden wischen müsste, was wir uns im Studio auch des Öfteren von ihm gewünscht hätten 😊 Und erst jetzt fällt mir auf, wie zum Schluss synchron die Zellentüren zuschlagen. Klappe zu, Affe tot!, wie der Berliner sagt. Gott sei Dank ist dieses Kapitel vorbei.